Erstmals mit INT4

Die zahlreichen Änderungen gegenüber dem Vorgänger Snapdragon 8 Gen 1 zeigen, dass künstliche Intelligenz bei der Entwicklung des Snapdragon 8 Gen 2 im Vordergrund stand. Qualcomm hat den für diesen Bereich hauptsächlich verantwortlichen sechseckigen Prozessor an mehreren Stellen überarbeitet. Das Tensormodul ist jetzt doppelt so groß und erstmals unterstützt ein Snapdragon-Chip Microarray-Inferenz. Letzteres verbessert die Fähigkeit, Vorhersagen auf der Grundlage vorhandener Daten zu treffen. Solche Vorhersagen sollen auch von einer weiteren Neuerung profitieren. Denn der Hex-Prozessor unterstützt jetzt neben INT8, INT16 und FP16 auch INT4-Berechnungen. Insgesamt soll die KI-Leistung mehr als viermal so hoch sein – Qualcomm spricht konkret von einem Faktor 4,35 – als bisher. Auf der anderen Seite gibt es auch eine Effizienzsteigerung. Die Effizienz pro Watt verbesserte sich in einigen Berechnungen um 60 Prozent. Künstliche Intelligenz ist einer der wichtigsten Aspekte von Snapdragon 8 Gen 2. Schließlich steigern das deutlich größere Tensormodul und das erstmals verfügbare Micro Tile Inferencing die Leistungsfähigkeit der künstlichen Intelligenz.

  (Bild: Qualcomm)     

Neben dem Hexadezimal-Prozessor verfügt der Snapdragon 8 Gen 2 auch über weitere KI-Prozessoren. Erstmals setzt Qualcomm im sogenannten Sensing Hub zwei solcher Assistenten ein – zuvor gab es nur einen. Der Sensing Hub ist für die Steuerung vieler Sensoren und verschiedener Hintergrundaktivitäten verantwortlich. So sollen beispielsweise Smartphones mit dem neuen Snapdragon-Chip auch bei ausgeschaltetem Bildschirm QR-Codes mit der Kamera erkennen können. Erkennt die Frontkamera hingegen, dass jemand neben Ihnen auf den Bildschirm schaut, unterbindet das System auf Wunsch Push-Benachrichtigungen – das sorgt für etwas mehr Privatsphäre. Aber auch bei den Sprachassistenten ist von Verbesserungen die Rede. Künftig soll das System Triggerwörter wie „Hey, Google“ genauer erkennen. Apps, die in Echtzeit übersetzen, können erweiterte KI-Funktionen nutzen. Unter anderem soll das SoC eine Echtzeit-Sprachproduktion in vielen weiteren Sprachen ermöglichen.

Mehr KI für schönere Fotos

Aber auch eine der wichtigsten Anwendungen für viele Smartphone-Nutzer dürfte von KI-Innovationen profitieren: das Fotografieren. Qualcomm spricht in diesem Zusammenhang von der Snapdragon Sight-Plattform, zu der unter anderem der Spectra ISP-Bildprozessor und der Hexagon-Prozessor gehören. Dies ermöglicht eine Echtzeit-Bildoptimierung – gleichzeitiges Unterteilen der Aufnahme in verschiedene Regionen (mehrfache semantische Segmentierung). Künstliche Intelligenz erkennt unter anderem einzelne Teile eines Gesichts oder trennt auf Landschaftsfotos verschiedene Objekte voneinander. Auf diese Weise können Objekte einzeln geändert werden, anstatt nur Anpassungen am gesamten Bild vorzunehmen. Andere Nebenwirkungen einer höheren KI-Leistung sind Verbesserungen bei Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen und Bokeh. Zudem hat Qualcomm den Spectra ISP für neue Bildsensoren optimiert. Insbesondere nennt das Unternehmen die im Juni 2022 vorgestellte Samsung Isocell HP3 mit 200 Megapixeln, die unter anderem schneller fokussieren kann und das Zusammenführen von Pixeln in mehreren Ebenen (Pixel-Binning) ermöglicht. Der Sensor kombiniert vier Pixel zu einem für 50-Megapixel-Fotos und 16 Pixel für 12,5-Megapixel-Fotos. Pixel-Binning soll in erster Linie für eine höhere Aufnahmequalität bei schlechten Lichtverhältnissen sorgen. Eine weitere Neuerung: Erstmals unterstützt ein Snapdragon-Chip den AV1-Codec für die Wiedergabe von 8K-Videos mit 60 Bildern pro Sekunde. Aufnahmen hingegen sind in 8K mit 30 Bildern pro Sekunde möglich. Reduziert man die Auflösung auf 4K, steigt die maximale Bildrate auf 120. Im Zeitlupenmodus nimmt der Chip bis zu 960 Bilder pro Sekunde auf – dann aber nur mit 1280 × 720 Pixeln. Zudem bietet Snapdragon 8 Gen 2 die technischen Voraussetzungen für HDR-Videoaufnahmen. Mit HLG, HDR10, HDR10+ und Dolby Vision unterstützt es alle wichtigen Varianten. Wenn Sie möchten, können Sie Aufnahmen als 10-Bit-HEVC-Video und 10-Bit-HEIC-Bilder speichern.

Höhere Geschwindigkeit für 5G und WLAN

Möchte man Daten nicht nur lokal auf dem Smartphone verarbeiten, sondern auch mit anderen teilen, erreicht Snapdragon 8 Gen 2 laut Qualcomm mit der auf der IFA 2022 angekündigten Plattform Snapdragon Connect höhere Geschwindigkeiten als seine Vorgänger. Die Komponenten der Plattform ist das 5G Snapdragon X70 Modem und das FastConnect 7800 Kommunikationsmodul. Das 5G-Modem unterstützt in gut ausgebauten Netzen Übertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s im Downlink und 3,5 Gbit/s im Uplink und soll dank des verbauten KI-Prozessors geringere Verzögerungen und stabilere Verbindungen ermöglichen. Zudem ermöglicht der Snapdragon X70 erstmals den aktiven Betrieb von zwei 5G-Verbindungen parallel im Dual-SIM-Modus. Der FastConnect 7800 hingegen beschleunigt hauptsächlich den Datenaustausch über das WLAN. Es unterstützt Wi-Fi 7 und soll in der Spitze bis zu 5,8 Gbit/s übertragen. Dual-Bluetooth ist ebenfalls verfügbar. Im Idealfall will Qualcomm die Bluetooth-Reichweite verdoppeln und die Verbindung zwischen Smartphone und Bluetooth-Zubehör beschleunigen. Zu den unterstützten Audio-Codecs für Bluetooth-Verbindungen gehören aptX Lossless, aptX Adaptive und Bluetooth LE Audio.

Vulkan 1.3 und Hardware-Raytracing für die Grafikeinheit

Aber auch die klassischsten Prozessorelemente hat Qualcomm überarbeitet. Die Adreno-Grafikeinheit erreicht jetzt bis zu 25 Prozent mehr Leistung, bei Nutzung der Vulkan-Schnittstelle soll der Zuwachs sogar bis zu 30 Prozent betragen. Erstmals unterstützt Qualcomm Vulkan 1.3 – sowie die Schnittstellen OpenGL ES 3.2 und OpenCL 2.0 FP. Aber auch an der Effizienz wurde gearbeitet. Im Idealfall benötigt die Grafikeinheit 45 Prozent weniger Strom. Für Gamer hingegen soll es hardwarebeschleunigtes Echtzeit-Raytracing sein, mit dem Entwickler unter anderem realistischere Spiegelungen und Lichteffekte einbauen können. Allerdings unterstützt die GPU Raytracing nur in Verbindung mit Vulkan 1.3. Technische Details zur Raytracing-Hardware hat Qualcomm allerdings zunächst nicht preisgegeben – diese sollen während des Snapdragon Tech Summit 2022 folgen. Qualcomm ist aber nicht der Einzige, der Raytracing in Smartphones ermöglicht. Auch das Anfang November vorgestellte MediaTek Dimensity 9200 unterstützt es dank integrierter Grafikeinheit Immortalis G715 von ARM. Mit Echtzeit-Raytracing soll der Snapdragon 8 Gen 2 realistischere Grafiken in Spielen ermöglichen. Frühe Entwickler haben bereits Unterstützung angekündigt.

  (Bild: Qualcomm)     

Ein realistischeres Rendering soll auch die Unterstützung für das Metahumans-Framework der Unreal Engine 5 ermöglichen, Qualcomm hat nicht bekannt gegeben, welche Entwickler das Framework verwenden werden. Anders bei Raytracing: Unter anderem Tencent und NetEase Games wollen es angeblich nutzen. Auch die Grafikeinheit bietet weitere Neuerungen. Die Adreno-GPU unterstützt jetzt auch Adaptive HDR und soll dank OLED-Alterungskompensation Einbrenneffekte auf OLED-Displays verhindern. Das ist ein Algorithmus, der dafür sorgt, dass einzelne Pixel gleichmäßiger genutzt werden. Adreno steuert die verbauten Displays des Smartphones bei einer maximalen Auflösung von 4K mit 60 Bildern pro Sekunde, alternativ bei QHD+ mit 144 Bildern pro Sekunde an. Hardware-Decoder sind für Video in den Formaten H.265 und VP9 verfügbar. Mit HLG, HDR10, HDR10+ und Dolby Vision unterstützt die Grafikeinheit die Wiedergabe aller relevanten HDR-Varianten.

Schnellere CPU-Kerne

Aber auch im CPU-Teil des Smartphone-Chips gibt es etwas Neues. Qualcomm hat die generelle Struktur mit drei Performance Tiers und insgesamt acht Kernen vom Snapdragon 8 Gen 1 übernommen, die Anzahl der Kerne pro Tier aber teilweise verändert. Es bleibt bei einem Basiskern, der auf ARM Cortex-X3 statt wie bisher auf Cortex-X2 basiert. Die maximale Taktrate wird von knapp 3 auf 3,19 GHz angehoben. Außerdem gibt es jetzt vier statt drei Leistungskerne wie beim Vorgänger. Zwei sind Cortex-A710, die anderen beiden sind Cortex-A715. Der Grund für diese Mischung: Die Cortex-A715-Kerne bieten keine native 32-Bit-Unterstützung, auf die Qualcomm aber auf Performance-Ebene nicht verzichten möchte. Das Taktlimit wird von 2,5 auf 2,8 GHz angehoben. Weniger anspruchsvolle Rechenaufgaben werden jetzt von drei statt vier erledigt…